Eine Geschichte von Brüdern

PPVMEDIEN GmbH
2019-05-03 14:13:00 / Musiker News & Infos


Ralph und Charles Voggenreiter feiern 100 Jahre Voggenreiter Verlag

Ein besonderes Jubiläum feiert in diesem Jahr der Voggenreiter Verlag. Genau 100 Jahre reicht die Gründung des Verlags zurück. Wir blicken auf die bewegte Geschichte.


Der Voggenreiter Verlag mit Sitz in Wachtberg bei Bonn feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Auf 100 Jahre blickt das Unternehmen, das wie kaum ein anderes mit seinen Liederbüchern, Songbooks und Instrumenten die Musiklandschaft in Deutschland geprägt hat. Seit jeher befindet sich der Verlag in Familienbesitz, angefangen bei Gründer Ludwig Voggenreiter und seinem Bruder Heinrich über Ernst Voggenreiter bis zum heutigen Geschäftsführer-Brüderpaar Charles und Ralph Voggenreiter. Die Firmenhistorie erzählt von Erfolgen, familiären Schicksalsschlägen und politischen Einflüssen.

Anfangsjahre und Gründung:Aus der Keimzelle der Pfadfinderbewegung
Gründer Ludwig Voggenreiter wird 1898 als zweitältester von sechs Kindern in Sulzbach-Rosenberg in der Oberpfalz geboren. 1905 erblickt Heinrich, der Zweitjüngste und Leiter des Verlags nach dem Zweiten Weltkrieg, das Licht der Welt. Während seiner Schulzeit lernt Ludwig seinen Freund und späteren Partner Franz Ludwig Habbel kennen, der ebenfalls Ludwig gerufen wird. Die beiden Ludwigs teilen eine Leidenschaft, die zur gemeinsamen Lebensaufgabe wird. Zusammen werden sie die deutsche Jugendbewegung in Zeiten der Weimarer Republik mitprägen. 1914 treten sie in den bayerischen Wehrkraftsverein ein, der sich als patriotisch bayerisch-patriotische Alternative zu den Wandervögeln und den Pfadfindern versteht.

1914 bricht der Erste Weltkrieg aus. Nach ihrem Abitur 1917 werden auch Ludwig Voggenreiter und Ludwig Habbel eingezogen. Der besondere Zusammenhalt der Jugendbewegung zeigte sich auch an der Front. So schrieb Ludwig Voggenreiter in seinen Erinnerungen, dass sie „trotz Trommelfeuer, Tod und Lazarett wie die Kletten zusammenhielten. Aufgrund ihrer Kriegserfahrungen und der Situation in der Heimat beschließen die beiden, neue Jugendgruppen aufzubauen und dafür freiheitliche Grundsätze der Wandervögel zu übernehmen. Die neue Bewegung sollte als Gegenentwurf zu den düsteren Kriegszeiten den unruhigen Zuständen in Deutschland sowie für ritterliche Tugenden und eine positive Neuausrichtung stehen. Was fehlt ist eine geeignete Kommunikationsplattform, um die Grundsätze zu verbreiten. Ein erster Versuch von Franz Ludwig Happel, der die Führerzeitung Der Aufbau im väterlichen Verlag herausgibt, ist nur wenig erfolgreich. So wendet sich Happel an seinen Freund Ludwig Voggenreiter. Gemeinsam entwickeln sie ein neues Konzept, das sich an alle Gruppen der Bündischen Jugend richten. 1919 organisieren die beiden Ludwigs zusammen mit Martin Voelkel ein deutsches Pfadfindertreffen auf Schloss Prunn bei Regensburg. Über 200 Pfadfinderführer kommen und sie können ihr neues Magazins Bekannt machen. Im Oktober 1919 erscheint mit der Berichterstattung über die Prunner Tage die erste Ausgabe des Magazins Der WeißeRitter. Die Erscheinung markiert die Geburtsstunde des späteren Voggenreiter Verlags. Der Weiße Ritter-Verlag ist zunächst Teil des Habbelschen Verlagshauses.

Die Konflikte zwischen Alt- und Neupfadfindern können nicht gelöst werden und so werden Martin Voelkel und Ludwig Voggenreiter aus dem Pfadfinderverband ausgeschlossen, die darauf die Gründung des unabhängigen Bunds der Neupfadfinder erklären. Obwohl der Bund unter den 28 Bünden, die der Bündischen Jugend zugerechnet werden, eher klein ist, ragt ihr Publikationsorgan Der Weiße Ritter unter den Magazinen der Bünde heraus. 1921 ist der Verlag so stark gewachsen, dass die ersten festen Mitarbeiter eingestellt werden können. Ludwig Voggenreiter kann sich fortan auf neue Publikationen konzentrieren. Zu den ersten Büchern gehören das Wigwambuch sowie Werke des Engländers JohnHargraves, der 1920 die JugendorganisationKIBBO KIFT – the woodcraftKindred gegründet hatte.
Zu dieser Zeit trennen sich die unternehmerischen Wege der beidenLudwigs. Franz Ludwig Habbelgründet mit Deutschlands erstem OffsetdruckerNaumann 1924 den VerlagHabbel & Naumann. Voggenreiterzieht es zu seinem Bundfreund MartinVoelkel nach Berlin. 1922 eröffnetder Verlag mit dem neuen Namen DerWeiße Ritter Verlag Ludwig Voggenreiterin der Hauptstadt. Als Ergänzungzum Weißen Ritter erscheint diebündische Jugendzeitschrift Die Spurin ein deutsches Jugendland. Zudemwerden zahlreiche Bücher verlegt.

1924 folgt Heinrich Voggenreiterseinem älteren Bruder Ludwignach Berlin. Das Verlagsprogrammumfasst mittlerweile über 20 Werke,vor allem Lyrikbände, Jugendromaneund bündische Literatur. Die steigendeMitarbeiterzahl zwingt denVerlag zum Umzug ins Privathausvon Ludwig und Josefa Voggenreiternach Potsdam. Franz Ludwig Habbelscheitert 1925 mit seinem Verlag undLudwig Voggenreiter übernimmt dessenRechte. Im Folgejahr überdenktLudwig Voggenreiter auch die Wirtschaftlichkeitdes eigenen Verlags.Er sieht sich nach wie vor den Bündenengverbunden und ist bestrebtalle Teile der Gestaltung des deutschenJugendlebens zu beleuchten,kann diese Aufgabe aber ohne Hilfenicht weiter erfüllen. Er prüft das Verlagsprogrammauf seine Rentabilität.1927 folgt die nächste Umbenennungin Ludwig Voggenreiter Verlag undeine deutliche Neuausrichtung vonbündischen Werken zu mehr allgemeinerLiteratur. Auch das MagazinDer Weiße Ritter wird nach acht Jahreneingestellt. Mit dem ersten Teil desdeutschen Spielehandbuchs erreichtder Verlag erstmals ein größeres Publikum außerhalb der Bündischen Jugend. 1929 erscheint mit Lieder derBündischen Jugend das erste Liederbuch der Geschichte. 1930 kommt das Gesamtwerk des norddeutschen Autors Martin Lurske hinzu. Im gleichen Jahr wechselt der Verlag bisKriegsende noch einmal den Standortin Potsdam.Trotz des sich einstellenden Erfolgs durch die nicht bündischen Publikationen, bleibt der Verlag von der Weltwirtschaftskrise nicht verschont. Der erst kurz zuvor zumProkuristen ernannte Heinrich Voggenreiterkann Ende 1931 nicht einmalRechnungen von 25 Reichsmarkbegleichen. Es dauert bis in die 30erJahre bis sich der Verlag konsolidierthat. In den 30er Jahren erscheintzudem das Liederbuch Der Kilometerstein - ein absoluter Top-Seller für die nächsten 30 Jahre.

Das Erstarken der Nationalsozialisten und Adolf Hitlers hat auch einschneidenden Einfluss auf den Voggenreiter Verlag. Wie die Geschichte des weiter verläuft, lesen Sie in der Mai-Ausgabe von das musikinstrument.


Blog